Das Institut

Grundausrichtung, Zielsetzungen, Zugangsweisen

In den österreichischen Kultur-, Gesellschafts- und Geisteswissenschaften ist in den letzten 10 Jahren insbesondere unter dem Einfluß französischer, englischer, amerikanischer, englischer und italienischer Forschungen das Interesse an einer Thematisierung des Menschen aus der Perspektive einer historischen Anthropologie gewachsen. Forschungen über den Menschen unter diesem Aspekt gehen von einem umfassenden Kulturbegriff, der sich für die Handlungs- und Lebensfelder der Menschen und für ihre Wahrnehmungsformen, Rituale und Mentalitäten interessiert, aus. Sie orten den Menschen als flexibles Kulturwesen, das die grundlegenden Lebens- und Konfliktsituationen in der Geschichte und in unterschiedlichen Kulturen, in sich wandelnden Lebens- und Handlungs-, Wahrnehmungs- und Vorstellungs-formen bewältigt. Die aktuellen Forschungen über den Menschen - die Kultur- und die Naturwissenschaften in gleichem Maß - stoßen bei gegenwärtigen Forschungen immer häufiger auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen "Natur" und "Kultur", zwischen "Geschichte" und "Evolution", und sie notieren ein großes Defizit in der interdisziplinären Zusammenarbeit und in der Diskussionskultur zwischen biologischen und ethologischen Disziplinen einerseits und gesellschafts- und kulturwissenschaftlichen andererseits.

Der Mensch fand und findet sich in allen Gesellschaften in vergleichbaren Grundsituationen, in denen er die Probleme des Überlebens und jene der Weitergabe des Lebens bewältigt. In diesen Situationen, in den Formen, in denen die Menschen sie bewältigen und wahrnehmen, gibt es konstante und variable Elemente, die von den Kultur- Geistes- und Gesellschafts-wissenschaften in einer gemeinsamen Anstrengung mit naturwissenschaftlichen Disziplinen (vor allem die Humanethologie, die Humanbiologie, die Medizin und eine naturwissen-schaftlich arbeitende Biologie) analysiert und interpretiert werden müssen. Unterschiedliche Wissenschaftssprachen, Begriffe, Forschungsstrategien und Methoden müssen in diesem zu initiierenden Forschungsprozeß kompatibel und füreinander nützlich gemacht werden.

Das Institut für Historische Anthropologie ist Forschungsstelle und Forum zur Diskussion von Forschungsergebnissen über den Menschen in einem Untersuchungsfeld, in dem durch genaue Beschreibung, Strukturanalyse, historischen Längsschnitt und interkulturellen Vergleich Aussagen über die conditio humana als biologischen und als kulturellen Phänomenkomplex gewonnen werden. Die durchgeführten und geplanten Forschungen beschäftigen sich mit dem großen Komplex der Wahrnehmung von und der Identifikation mit den Ausdrucksformen sozialer Wirklichkeit und mit Formen des Protestes und der Auflehnung gegen diese. Verhaltens- und Handlungsweisen, Formen der symbolischen Interaktion, Rituale, Symbole und Zeichensysteme, Gesten und Habitus, Normen und Werte, Gefühle und Einstellungen, Interpretationen und Imaginationen werden in ihren kulturellen Zusammenhängen sowohl in einer genauen Beschreibung der Selbstsicht und -darstellung dokumentiert als auch im Medium der historischen Veränderung und des interkulturellen Vergleiches analysiert und interpretiert.

Zusammenfassend kann man sagen, daß sich die Forschungsinteressen des Instituts für Historische Anthropologie auf drei große Bereiche konzentrieren: die Mikroanalyse, der interkulturelle Vergleich, die Diskussion über die conditio humana zwischen Natur und Kultur.

Das Institut wird in folgenden Arbeitsformen tätig: